⚽Wie Top‐Teams den Strafraum besetzen

Prinzipien, Beispiele und Abwägungen

Hallo und herzlich willkommen zur neuesten Ausgabe unseres Newsletters! In dieser Ausgabe stehen folgende Themen im Fokus:

  1. ⚽Wie Top‑Teams den Strafraum besetzen

  2. 👉2 Neue Übungen für Dich!

  3. 📢Neustart meiner coaches.lounge

⚽Wie Top‑Teams den Strafraum besetzen

Im modernen Fußball entscheidet immer noch, wie gut eine Mannschaft im Strafraum agiert. Viel wurde in den letzten Jahren über Pressing, Positionsspiel oder Restverteidigung geschrieben – doch die Strafraumbesetzung bleibt eines der einfachsten, aber wirkungsvollsten Mittel. Sie beschreibt die Anzahl und Position der eigenen Spieler in der gegnerischen Box, wenn der Ball per Flanke, Steilpass oder Rückpass in die Gefahrenzone gelangt. Welche Prinzipien lassen sich erkennen, wie viele Spieler „in die Box“ sollten und welche Nachteile drohen? Dieser Beitrag beleuchtet aktuelle Trends anhand von Daten und Beispielen aus dem Profifußball.

Die goldene Zone und die Bedeutung der Box

Analysen des DFB zeigen, dass über 85 % der Tore aus dem Bereich zwischen Fünfmeterraum und Elfmeterpunkt – der sogenannten goldenen Zone – fallen. Entsprechend betonen Trainer wie Nico Koch oder die DFB‑Akademie, dass Mannschaften in diesem Bereich Überzahl schaffen und die Gegenspieler eng decken sollten. Die Offensivseite leitet daraus ab, dass man möglichst viele Spieler in diese Zone bringen muss, um Torschüsse oder zweite Bälle zu nutzen – und genau darum geht es bei der Strafraumbesetzung.

Prinzipien der Strafraumbesetzung

Die Grundfrage lautet: Wie viele Spieler sollten in den Strafraum laufen und welche Laufwege sind sinnvoll? Zwei extreme Ansätze lassen sich unterscheiden:

  1. Gezielte Laufwege mit wenigen Spielern. Der Coach‑Blog Talktics empfiehlt bei schnellen Flanken oder Rückpässen, nur zwei Spieler mit dynamischen Läufen in die gefährlichen Zonen zu schicken. Diese „Zweiplatz‑Besetzung“ betrifft einen Läufer in den Rückraum und einen am langen Pfosten; der kurze Pfosten wird als „schlechter Winkel“ gemieden. Das Ziel ist, mit hohem Tempo hinter die Abwehr zu kommen („in den Rücken des Gegners“), wodurch präzise Abschlüsse aus zentraler Position entstehen.

  2. Überladen des Strafraums. Andere Teams setzen bewusst auf eine numerische Überlegenheit in der Box. Andoni Iraola ließ sein AFC Bournemouth 2024/25 regelmäßig mit bis zu sieben Spielern in den Strafraum stürmen. Die Idee: Bei Flanken oder abgewehrten Bällen entstehen viele zweite Bälle, die das Team dank der zahlenmäßigen Präsenz erobert. Auch Stuttgart demonstrierte diese Philosophie, als vier Angreifer – inklusive des Rechtsverteidigers – im Strafraum auf eine Hereingabe lauerten.

Diese beiden Prinzipien zeigen bereits, dass die ideale Boxbesetzung stark vom Spielstil abhängt. Einige weitere Erkenntnisse aus der Forschung helfen, das Thema einzuordnen:

Mehr Spieler erhöhen die Erfolgswahrscheinlichkeit

Statistiken der FIFA‑Training‑Centre‑Analyse zur WM 2022 belegen, dass im Schnitt 3,3 Spieler im Strafraum sind, wenn ein Angriff über die Flügel abgeschlossen wird. England (3,84) und Brasilien (3,88) brachten im Schnitt die meisten Spieler in die Box und erzielten auch die meisten Flankentore. Teams wie Argentinien oder die Niederlande erzielten zwar mit weniger Spielern Tore, benötigten dafür aber eine höhere Präzision. Die Analyse folgert:

Mehr Anspielstationen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Flanke einen Mitspieler findet und auch zweite Bälle aufgenommen werden können.

Auch Vereinsbeispiele stützen diese These. AC Milan hatte 2023/24 eine Flankenquote von nur 19 % Erfolgen, weil bei 26 Hereingaben oft nur ein Stürmer im Strafraum war. Gegen Napoli verbesserte Milan die Quote auf 38 %, indem mehrere Spieler den Strafraum besetzten. Vincent Kompanys Bayern München 2024/25 lässt sich ebenfalls nicht lumpen:

In einem Angriff gegen Werder Bremen hatten fünf Bayern‑Spieler in der Box und drei kurz davor Positionen, wodurch aus der Überzahl ein Tor resultierte. Später im Spiel stürmten sogar sechs Spieler in den Strafraum, während zwei im Rückraum lauerten, um den Rückpass abzudecken. Diese Beispiele zeigen: Eine hohe Boxbesetzung erzeugt numerische Überlegenheit und zwingt die Defensive zu schwierigen Zuordnungen.

Vorteile vieler Spieler in der Box

  • Höhere Abschlusswahrscheinlichkeit: Mehr Anspielstationen bedeuten, dass Flanken oder Rückpässe eher einen Mitspieler finden. RB Salzburg unter Jesse Marsch flutet bei schnellen Angriffen den Sechzehner mit vier bis fünf Spielern, um „Chaos zu erzeugen“ und sowohl den ersten Ball als auch Abpraller zu verwerten.

  • Mehr zweite Bälle & Gegenpressing: Viele Spieler in Tornähe ermöglichen ein sofortiges Gegenpressing. Julian Nagelsmann betont, dass eine dichte Boxbesetzung hilft, abprallende Bälle zu erobern und schnell erneut abzuschließen.

  • Druck auf die Verteidiger: Wenn fünf oder mehr Angreifer im Strafraum lauern, müssen die Verteidiger alle Gegenspieler im Blick behalten. Kompanys Bayern nutzt dieses Chaos, um durch koordinierte Läufe freie Räume zu öffnen.

Risiken einer zu hohen Strafraumbesetzung

  • Verletzliche Restverteidigung: Jeder zusätzliche Spieler in der Box fehlt in der Absicherung. Der Football‑Analyst beschreibt, dass moderne Teams deshalb ein 2+3- oder 3+2‑Restverteidigungssystem aufbauen: zwei bis drei Spieler bleiben hinter dem Ball, um schnelle Konter zu stoppen. Bei sieben Angreifern im Sechzehner bleiben entsprechend nur vier Feldspieler zur Absicherung; ein Ballverlust kann gefährliche Gegenangriffe ermöglichen.

  • Räumliche Enge und Laufwege: Zu viele Spieler können sich gegenseitig behindern. Arne Slot, Liverpool‑Trainer, kritisiert hohe Flanken und bevorzugt stattdessen Flachpässe und gezielte Laufwege. Er lässt lieber vier Spieler gleichzeitig in die Tiefe sprinten und setzt auf flache Rückpässe, weil hohe Flanken selten zum Erfolg führen. Slot betont, dass eine klare Besetzung der Rückraum‑ und Pfostenbereiche notwendig ist; ansonsten deckt ein einzelner Verteidiger mehrere Angreifer.

  • Geringere Variabilität: Wenn alle Angreifer in den Strafraum einrücken, wird das Spiel einseitig. Teams wie Sporting CP variieren daher die Besetzung: der Stürmer, zwei einrückende Flügelspieler und ein Sechser stoßen in den Strafraum, während ein Flügelverteidiger am langen Pfosten auftaucht. So bleibt die Anordnung flexibel und schwer zu verteidigen.

Abwägung: Wann ist „viel“ oder „wenig“ sinnvoll?

Die optimale Strafraumbesetzung hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Angriffsart: Bei schnellen Kontern oder flachen Rückpässen reichen oft zwei bis drei Angreifer mit gutem Timing, wie Talktics’ Zweiplatz‑Besetzung zeigt. Bei hohen Flanken oder Standards lohnt sich dagegen eine Überzahl von vier bis sechs Spielern.

  • Restverteidigung: Trainer müssen bestimmen, wie viele Spieler für die Absicherung benötigt werden. Moderne Teams bevorzugen 2+3 oder 3+2‑Formationen. Wenn die Defensive gegen Konter anfällig ist, sollte die Zahl der Angreifer im Strafraum reduziert werden.

  • Qualität der Flanken: Eine hohe Boxbesetzung ist nutzlos, wenn die Flanken ungenau sind. Arne Slot weist darauf hin, dass flache Rückpässe („Cutbacks“) aus dem Halbraum eine deutlich höhere Torgefahr erzeugen als hohe Hereingaben. Wichtig ist die Abstimmung von Laufweg, Passwinkel und Geschwindigkeit.

  • Spielerprofil: Teams mit kopfballstarken Stürmern (z. B. Bayern mit Kane) profitieren stärker von Flankenüberlegenheit, während Mannschaften ohne klassischen Neuner eher auf flache Zuspiele und Distanzschüsse setzen.

Fazit: keine Patentlösung, aber klare Tendenzen

Die Analyse aktueller Trends zeigt, dass eine gut abgestimmte Strafraumbesetzung ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Profifußball ist. Der Durchschnitt bei der WM 2022 lag bei 3,3 Spielern pro Flankenangriff, Top‑Teams wie England und Brasilien kamen auf knapp vier Spieler. In der Bundesliga und Champions League zeigt sich eine Bandbreite von zwei bis sieben Spielern, abhängig vom Spielstil: Einige verfolgen das Prinzip der „Überflutung“ wie Bournemouth oder Bayern unter Kompany, andere setzen auf präzise Laufwege mit wenigen Spielern.

Für Trainer und Analysten gilt daher: Die Strafraumbesetzung darf nicht isoliert betrachtet werden. Sie muss im Zusammenhang mit Restverteidigung, Flankenqualität und Spielerprofilen geplant werden. Wer viele Spieler in die Box schickt, erhöht die Chancen auf Tore und Abpraller, riskiert jedoch Konter. Wer zurückhaltend besetzt, benötigt präzise Flanken und abgestimmte Läufe. Am Ende entscheidet die Balance zwischen Risiko und Belohnung – und wie gut ein Team seine Prinzipien trainiert und anwendet.

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Passing Drills and Fun Games: Six-Cone Passing Drill

In Possession: Possession Game with Scoring

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