Guardiola vs De Zerbi

Ein Duell der Taktikmeister - Die Analyse

Hallo und herzlich willkommen zur neuesten Ausgabe unseres Newsletters! In dieser Ausgabe stehen folgende Themen im Fokus:

  1. ⚽Van Gaals Vier- Phasen-Modell

  2. 🔎Spielanalyse: Manchester City 2 VS Brighton 1

Van Gaals Vier-Phasen-Modell

Um das Spiel verständlicher zu gestalten, hat der niederländische Trainer Louis van Gaal ein Vier-Phasen-Modell entwickelt. Laut ihm ist ein Fußballspiel eine kontinuierliche Abfolge von vier Phasen, die sich vom Anpfiff bis zum Schlusspfiff wiederholen. Wenn der Gegner den Anstoss ausführt, befindet sich die eigene Mannschaft in der Defensivformation. Das ist die erste Phase: Der Gegner ist im Ballbesitz, die eigene Mannschaft versucht organisiert, ein Gegentor zu verhindern und den Ball zu erobern. Sobald ein Spieler den Ball erobert, beginnt die zweite Phase: Das Umschalten auf eigenen Ballbesitz. Nun bietet sich die Chance, den Ballbesitz zu sichern oder mit einem Konter den Gegner zu überraschen. Sobald die Mannschaft den Ball gesichert hat, startet die dritte Phase: Der eigene Ballbesitz. Ein defensiv organisierter Gegner soll nun ausgespielt und ein Tor erzielt werden. Verliert die Mannschaft den Ball, folgt die vierte Phase: das Umschalten von Offensive auf Defensive. Und dann geht das Spiel wieder von vorne los.

Natürlich ist dieses Modell nicht perfekt. Erneut wird die Komplexität des Sports deutlich: Kaum eine Spielsituation im Fußball kann beschrieben werden, ohne auf indirekte Verknüpfungen zu anderen Situationen hinzuweisen. Das Fußballspiel befindet sich ständig im Fluss: Die Spieler bewegen sich frei, und es gibt außer bei Eckbällen, Freistößen oder Toren kaum Pausen. Ein Ball, der sich in einem Moment im Strafraum von Team A befindet, kann zehn Sekunden später im Strafraum von Team B sein. Die Übergänge zwischen den vier Phasen sind fließend. Wie Juanma Lillo, der spanische Trainer und Vorbild für Pep Guardiola, einst sagte: "Das Spiel ist eine untrennbare Einheit.

Es gibt keinen defensiven Moment ohne einen gleichzeitigen Angriff. Beide bilden eine funktionale Einheit." Dennoch macht es Sinn, diese Aufteilung als Grundlage zu wählen. Wer die vier Phasen eines Fußballspiels erkennen kann, hat bereits einen großen Schritt getan, um die Taktik einer Mannschaft zu analysieren. Darüber hinaus gibt es in den meisten Fällen immer noch spezifische taktische Prinzipien, die in den einzelnen Phasen immer wieder im Profifußball zu finden sind.

Und was ist mit den Standardsituationen?

Häufig werden Standardsituationen als eine eigenständige, fünfte Phase betrachtet. Besonders im Amateurbereich, wo weniger trainiert wird, kann ich nachvollziehen, dass dieser Phase oft weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie unwichtig ist. Die begrenzten Trainingseinheiten im Vergleich zu Profimannschaften führt dazu, dass Amateurmannschaften ihre Zeit lieber in die anderen vier Phasen investieren. Bei Profiteams sind Standardsituationen hingegen von höherer Bedeutung und werden sorgfältig analysiert. Daher ergibt es durchaus Sinn, Standardsituationen in das bestehende Modell zu integrieren.

Manchester City 2 VS Brighton 1 - Analyse

Startformation: Beide Teams haben zu Beginn auf dem Papier eine 4-2-3-1-Aufstellung. Doch in der Realität ist diese Formation kein starres Gerüst, das über die gesamte Spieldauer unverändert bleibt. Die Startformationen ändern sich grundsätzlich, sobald das Spiel angepfiffen wurde. Stattdessen variieren die Positionen je nach Spielverlauf und den verschiedenen Phasen des Fußballs. Bei beiden Mannschaften möchten wir genauer betrachten, wie sich die Spieler in den vier Phasen des Fussballs verhalten haben.

Ballbesitzphase:

Brighton hält sich an die Viererkette. Die Innenverteidiger und die zwei sechser stehen eng beieinander. Der Trainer De Zerbi legt Wert darauf, dass die Spieler nah beieinander sind. Dies hat den Vorteil, dass die Passdistanzen kürzer sind. Der Ball zirkuliert schneller, und in der Regel ist es einfacher, einen Pass über 10 Meter zu spielen als einen über 20 oder 30 Meter.

Der Torwart (Jason Steele) in diesem System ist äußerst geschickt mit dem Ball am Fuß und agiert wie ein zusätzlicher Spielmacher. Der Zehner oder der Stürmer von Brighton lässt sich gerne ins Mittelfeld fallen, um dort eine numerische Überlegenheit zu schaffen. Die beiden Flügelspieler stehen breit auf der Linie, um im Mittelfeld vor allem in den Halbräumen Raum zu generieren. Ihr Spiel zeichnet sich durch Geduld aus, da sie versuchen, den Gegner aus seinen Positionen zu locken. Sobald dies geschieht, greifen sie den verlassenen Raum an. Das erfordert eine hohe Ballkontrolle und vor allem ein präzises Timing. Brighton zählt in dieser Hinsicht wahrscheinlich zu den besten Mannschaften weltweit, wenn es darum geht, im richtigen Moment die entscheidenden Pässe zu spielen.

Auch in der zweiten Spielfeldzone agiert Brighton ähnlich wie in der ersten Zone. Sie spielen den Ball geduldig zueinander und warten auf die Reaktion des Gegners. Im Gegensatz zu City haben sie in der Regel nur vier Spieler in der vordersten Linie. Je nachdem, wie nahe sie dem Tor sind, schließen sich Pascal Gross oder Carlos Baleba in der Offensive an und bilden eine 5-Mann-Linie in der vordersten Front. Dies geschieht in der Regel erst, wenn sie sich am Ende der zweiten Zone oder am Anfang der dritten Zone befinden.

Manchester City hingegen verwendet beim Spielaufbau eine Dreierkette. Jon Stones bewegt sich wieder ins Mittelfeld und bildet mit Rodri eine Art Doppelsechs. Bernardo Silva und Alvarez agieren als Achter und bilden zusammen ein Boxmittelfeld. Bernardo Silva tendiert dazu, sich etwas tiefer zu positionieren um am Spielaufbau beteiligt zu sein, während Alvarez etwas höher steht. Auch in dieser Formation spielt der Torwart eine wichtige Rolle. Ortega bildet gelegentlich die Viererkette und fungiert praktisch als zusätzlicher Innenverteidiger beim Spielaufbau.

Alvarez hat eine entscheidende Funktion in diesem System, da er die Freiheit hat, sich flexibel zu bewegen. Er kann sowohl im Mittelfeld in der Aufbauphase aushelfen als auch nach vorne gehen, um gemeinsam mit Haaland den Raum zu attackieren. Der Innenverteidiger mit der Nummer 3 (Igor) stand deshalb vor der schwierigen Entscheidung, ob er Alvarez bis ins Mittelfeld verfolgen oder ihn einem anderen Spieler überlassen sollte. Hier sehen wir ein Beispiel, in dem der Innenverteidiger weit nach vorne vorgerückt ist. Dies kann jedoch riskant sein, da sich dadurch Raum in der Defensive öffnet, den Haaland oder die Flügelspieler nutzen könnten.

Wenn Manchester City es schaffte, sich in die zweite oder sogar dritte Zone durchzukombinieren, spielten sie oft über die linke Seite, wo Jeremy Doku agiert. Dies erwies sich als Schwachstelle von Brighton, da Milner im direkten Duell oft zu langsam für ihn war. Daher erhielten Carlos Baleba mit der Nummer 20 oder der Außenspieler Simon Adinga mit der Nummer 24 regelmäßig Unterstützung, um Doku zu doppeln. Wenn er jedoch gedoppelt wurde, öffnete sich Raum für einen anderen Spieler, und wenn City Platz in der Mitte hatte, wurden sie äußerst gefährlich.

Für Milner war das Spiel herausfordernd, da er immer wieder vor schwierige Entscheidungen gestellt wurde. Die Bewegungen von Bernardo Silva in den Zwischenräumen machten es für Milner schwer zu entscheiden, ob er ihn angreifen sollte oder ob er sich doch auf Jeremy Doku konzentrieren sollte, der an der Seitenlinie stand. Insbesondere in der ersten Halbzeit hat Manchester City dies sehr geschickt umgesetzt.

Umschaltspiel nach Ballverlust:

Beide Teams handeln ähnlich, wenn sie den Ball verlieren. Ihr Ziel ist es, den Ball so schnell wie möglich zurückzuerobern und die Räume zu schließen. Guardiola und De Zerbi haben eine klare Vorstellung davon, wie sie die Räume besetzen möchten. Sie berücksichtigen sogar den möglichen Ballverlust und positionieren ihre Spieler oft bereits geschickt, um den Ball zurückzuerobern. Die Spieler sind sich auch ihrer individuellen Aufgaben bewusst, was auf eine hohe taktische Struktur hinweist.

Nicht im Ballbesitz:

Wenn Brighton den Ball in der Zone 1 hat, stellen sich die Spieler von Guardiola sehr hoch auf dem Spielfeld auf. Haaland und Alvarez attackieren gemeinsam die Innenverteidiger und setzen sie unter Druck. Die Positionierung der beiden ist dabei von großer Bedeutung. Wenn der Torhüter den Ball hat, stehen sie nicht bereits bei den Innenverteidigern, sondern zwischen den Sechsern und den Innenverteidigern. Sobald ein Pass gespielt wird, greifen sie den entsprechenden Innenverteidiger an, um zu verhindern, dass Raum in der Mitte freigegeben wird. Bernardo Silva und Jon Stones sind für beide Sechser von Brighton verantwortlich. Rodri steht weiter hinten und deckt den Spieler, der ins Mittelfeld einrückt, um beim Spielaufbau zu helfen. Insgesamt greifen sie also mit bis zu sieben Spielern in der gegnerischen Hälfte an. Dabei hat Bernardo Silva eine Schlüsselrolle. Er versucht, einen Pass zu provozieren, indem er den Torhüter im richtigen Moment angreift und ihn in eine gewünschte Richtung lenkt.

Wenn Brighton es schafft, sich durchzukombinieren und in die zweite oder dritte Zone vorzudringen, sieht man, wie Guardiola seine Mannschaft in einem 4-4-2-System verteidigen lässt, wobei Alvarez und Haaland in der Spitze agieren. Mit dieser Formation ist es möglich, das Mittelfeld gut zu verteidigen, da sechs Spieler eng beieinander stehen und eher zentral positioniert sind.

Wenn Manchester City den Ball in Zone 1 hat, steht Brighton zwar auch relativ hoch, ist jedoch im Vergleich zu City etwas vorsichtiger. Dies liegt daran, dass City vorne sehr starke individuelle Spieler hat, die im 1-gegen-1 sehr gefährlich sind. Zudem stehen Bernardo Silva und Alvarez relativ hoch und besetzen die Zwischenräume, was bedeutet, dass ein Mittelfeldspieler von Brighton darauf achten muss, nicht zu weit nach vorne zu rücken. City positioniert sich mit fünf Spielern vorne, wenn sie das Spiel aufbauen, und situativ lassen sich Alvarez, Haaland oder Bernardo Silva ins Mittelfeld fallen. Dadurch wird automatisch Raum im Mittelfeld geschaffen. Carlos Baleba (Nummer 20) steht vor der schwierigen Entscheidung, ob er mitpressen möchte oder je nach Situation in der Defensive aushelfen muss. Auch Brighton greift mit zwei Spielern vorne an, die versuchen, zwischen den beiden Innenverteidigern zu stehen. Hierbei zähle ich den Torhüter mit, da er in Guardiolas System als zweiter Innenverteidiger neben Akanji agiert. Pascal Gross rückt von der Sechs weiter nach vorne und versucht, einen der beiden Sechser von City zu decken. Die beiden Außenspieler von Brighton positionieren sich zwischen den beiden Sechsern und den Außenverteidigern und greifen den Außenverteidiger von City erst dann an, wenn der Ball gespielt wird. Wie ihr sehen könnt, liegt der Hauptfokus beider Mannschaften auf der Verteidigung des Mittelfelds.

Aus denselben Gründen, die bereits erwähnt wurden, agiert auch Brighton in einem 4-4-2-System, wenn Manchester City es schafft, sich in die Zone 2 oder 3 vorzuarbeiten.

Umschalten nach Ballgewinn:

Beide Trainer bevorzugen einen gezielten und strukturierten Angriff. Oftmals wird der Ball zunächst gesichert, und der Angriff wird dann neu initiiert. Das bedeutet nicht, dass sie gegen Konteraktionen sind, aber die Spieler müssen in ihrer Situation gut abwägen, ob ein Konter in diesem Moment sinnvoll ist oder nicht. Wenn sich die Situation ergibt, spricht natürlich nichts dagegen. Aber wenn die eigenen Spieler nicht optimal positioniert sind und der Gegner gut steht, bevorzugen beide Trainer, einen Angriff nochmals von neu zu starten.

Fazit:

Manchester City hat das Spiel zwar größtenteils dominiert, aber wir dürfen nicht vergessen, dass sie auch individuell die besseren Spieler haben. Brighton hat viele verletzte Spieler, die von großer Bedeutung sind. Dies kann in einem Verein, der nicht über einen so breiten Kader wie die großen Mannschaften verfügt, eine große Herausforderung darstellen. Es ist faszinierend zu sehen, wie schnell De Zerbi seine Ideen umsetzen konnte und wie attraktiv seine Mannschaft spielt. Wir bleiben gespannt auf die weitere Entwicklung der Mannschaft und auf die persönliche Karriere von De Zerbi. Ich bin sicher, dass nach seiner Zeit bei Brighton einige grosse Clubs bei ihm anklopfen werden.

Ich hoffe, diese Themen haben euch gefallen. Am Freitag gibt es bereits den nächsten Newsletter für dich.⚽

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